Die Idee entstand durch den Bedarf: Christian Morys, Freizeitpädagoge in der Kinder- undJugendhilfe Neuhausen, weiß, was die Bewohnerinnen und Bewohner der KiJu beschäftigt.„Digitale Medien machen einen großen Teil des Lebens von Jugendlichen aus“, so Morys.„Es sind Kommunikationsmedien, einfach und niederschwellig. Soziale Medien haben wahnsinnigviele Vorteile und Chancen, man kann so viel Positives damit machen.“ BereichsleiterTim Zeller ergänzt: „Wir können Kreativität fördern, tolle kreative Dinge machen. Mediennutzungist nicht nur Konsum, es geht auch ums Gestalten.“

Seit Corona sind die digitalen Medien noch stärker in den Vordergrund gerückt. Während des Lockdowns und der Zeit des Homeschoolings war es wichtig, dass alle Jugendlichen die notwendigen Geräte hatten, um am Unterrichtsangebot teilnehmen zu können. Durch eine Spende des KIWANIS Clubs Stuttgart konnten alle Jugendlichen mit iPads ausgestattet werden. „Dafür sind wir sehr dankbar“, so Tim Zeller.
Für die Nutzung digitaler Medien gibt es Gesetze und Regeln, denen die Jugendlichen immer wieder im Netz begegnen. Und es gibt und gab auch immer wieder Jugendliche, die dort wie auch im sonstigen Leben an Grenzen stoßen und Probleme bekommen. Deshalb entwickelten die Pädagogen einen Medienführerschein. „Wir erklären die Spielregeln im digitalen Raum“, so Christian Morys. Er hat Fallbeispiele erstellt, an denen erkennbar wird, was erlaubt ist und was nicht: Welche Verhaltensregeln gelten in sozialen Medien, was sind Persönlichkeitsrechte, was sind Beleidigungen oder Drohungen, welche Inhalte kann ich teilen … Um den Medienführerschein zu bekommen, müssen die Jugendlichen an einem „Führerschein-Test“ teilnehmen. Spannend und unterhaltsam werden dabei Regeln und mögliche Irrwege präsentiert.
Dies und Themen wie Cybermobbing, Posts mit sexuellen Inhalten, Persönlichkeitsrechte oder Meinungsfreiheit kennen die Jugendlichen auch aus ihrem (digitalen) Alltag. Die Beschäftigung damit macht die Jugendlichen fit und stärkt sie in ihrer Entwicklung. Und die meisten haben große Lust darauf, sich mit den Themen auseinanderzusetzen, Fragen dazu zu beantworten und so den Führerschein zu machen. Bisher haben rund 30 Jugendliche ihren „Führerschein-Test“ bestanden.

Der Medienführerschein ist in der Kinder- und Jugendhilfe verpflichtend für alle Jugendlichen ab 12 Jahren, die digitale Medien nützen wollen oder auch müssen. Ab diesem Alter ist auch die Handynutzung in der KiJu erlaubt. „Ein solcher Vertrag bedeutet Wertschätzung, es entsteht Verbindlichkeit“, erläutert Morys. In Einzeltreffen wird der rechtliche Rahmen der Mediennutzung erklärt. „So können wir auf die Themen der einzelnen Jugendlichen besser eingehen, alle Themen ernst nehmen und besprechen“, erklärt Christian Morys. Und wie beim KfZ-Führerschein kann auch der Medienführerschein für eine gewisse Zeit wieder entzogen werden, wenn es Verstöße gegen die Regeln gibt. Das kann dann heißen: Handy abgeben, kein Zugang mehr zum WLAN. Über eine Nachschulung kann der Medienführerschein dann aber wieder zurückerlangt werden.